CO2-Zertifikate: Kommerz oder Königsweg? – Zur Finanzialisierung der Natur
Rund um den UN-Nachhaltigkeitsgipfel “Rio plus 20″ hat weltweit eine hitzige Debatte um die Finanzialisierung der Natur eingesetzt. Denn mit dem Konzept der grünen Ökonomie könnte die Natur mehr und mehr auch in ökonomischen Kategorien wertgeschätzt werden. Findet im Rahmen des Emissionshandels eine solche Finanzialisierung der Natur statt? Eher nicht, meinen die Autoren. Hier zur Ausgabe der Zeitschrift Böll Thema, in der der kritische Artikel von Tilman Santarius und Wolfgang Sterk auf den Seiten 24-26 erschienen ist.
Warum einfach wenn es auch kompliziert geht? Die Einbindung der Landwirtschaft in den Emissionshandel macht keinen Sinn.
Treibhausgase aus der Landwirtschaft tragen erheblich zum Klimawandel bei. Würde es sich da nicht anbieten, dass auch der Sektor Landwirtschaft in den Emissionshandel eingebunden wird, der allen Treibhausgasen eine globale Obergrenze setzt? Nein, sagt Tilman Santarius, denn es sprechen gewichtige ökologische, ökonomische und auch administrative Gründe dagegen. Hier zur Ausgabe des “böll Thema” , in welcher der Artikel erschienen ist.
Emissionshandel und globale Gerechtigkeit.
Die Ursachen wie auch die Folgen des Klimawandels sind recht ungleich über den Globus verteilt. Der Emissionshandel könnte sich anbieten, um Ungleichheiten zu kompensieren und einer zunehmenden Ungerechtigkeit entgegenzuwirken. Allerdings begünstigt der gegenwärtige Vergabeschlüssel des Kyoto-Protokolls große Emittenten. Auch eine Vergabe, die allen Erdenbewohnern pro Kopf das gleiche Recht auf Emissionen zuteilt, erschließt sich bei genauerem Hinsehen als wenig gerecht. Gerechtigkeitsfähig wird nur ein Verteilungsschlüssel sein, der die bisherigen Hauptverursacher-Länder des Nordens überproportional in die Pflicht nimmt. Hier zum Text „Emissionshandel und globale Gerechtigkeit“, der im Buch „Jahrhundertproblem Klimawandel“ erschienen ist.
Vollständige Versteigerung der Zertifikate dringend notwendig
Der Emissionshandel ist eines der vielversprechendsten Klimaschutzinstrumente in der EU. Bisher waren die tatsächlichen Vermeidungen allerdings gering. In der erste Phase des Emissionshandels (2005-2007) haben die EU-Regierungen nur sehr vorsichtige Reduktionsziele bis gar keine verfolgt. Mitunter wurden Unternehmen sogar über ihr bisheriges Emissionsniveau hinaus mit Zertifikaten ausgestattet, so dass die EU-Kommission einer verdeckten Subventionierung vorbeugend eingreifen musste. In der zweiten Phase (ab 2008) wurden bereits etwas ambitioniertere Reduktionsziele verfolgt. Insofern steckt in dem Instrument ein großes Potential - was aber immer noch darauf wartet, ausgeschöpft zu werden. Hier zum Interview mit Tilman Santarius bei der Bundeszentrale für politische Bildung.
Praxisschock? – Die Genese der EU-Emissionshandelsrichtlinie und ihre klimapolitische Bedeutung.
Gäbe es ein Guinness Buch der Rekorde für die Umweltpolitik, würde der Emissionshandel für Treibhausgase darin sicher ein eigenes Kapitel einnehmen. Im Zeitraum von nur zehn Jahren vollzog sich seine Einführung als klimapolitisches Instrument. Wie kam es zum internationalen Emissionshandel im Kyoto Protokoll? Welche Faktoren haben zur raschen Einführung des EU-Emissionshandels beigetragen, und welche Rolle spielte dabei die deutsche Bundesregierung? Und warum konnte sich der Emissionshandel auf EU-Ebene durchsetzen, während die Ökosteuer ein paar Jahre vorher noch kläglich gescheitert war? Hier zum Text, der als Kapitel in dem Buch “Grenzenlos Handeln” erschienen ist.
Erfolgsstory Emissionshandel? Prüfstein für Souveränität, Demokratie und Verflechtung.
Mit der Einführung des Emissionshandels auf internationaler und auf EU-Ebene wurde umweltpolitische Souveränität vom Nationalstaat auf höhere Ebenen verlagert. Wie ist der Machttransfer zu bewerten? Kam es bei der Einführung zu einem Demokratiedefizit, weil nationale Parlamente nur bedingt beteiligt werden konnten? Hat die so genannte „Politikverflechtungsfalle“ am Ende zu einem suboptimalen Ergebnis geführt? Diesen und anderen Fragen gehen Tilman Santarius und Marcel Braun mit theoretischen Bezügen zur Multi-Level-Governance Forschung nach. Hier zum pdf des ausführlicheren JET-SET-Arbeitspapiers, das gekürzt und zugespitzt als Kapitel im Buch “Multi-Level-Governance. Klima-, Umwelt- und Sozialpolitik in einer interdependenten Welt” erschienen ist.
Developments in International and European Climate Policy in 2003
Im Rückblick auf die internationale Klimapolitik des Jahres 2003 beherrschten zwei Themen das Bild: zum einen die eher unerfreuliche Unsicherheit über das Inkrafttreten des Kyoto Protokolls und das diplomatische Tauziehen mit Russland, mit der Unterzeichnung endlich den Vertrag in Kraft zu setzen. Zum anderen die äußerst erfreuliche Einführung eines Emissionshandelssystems in der Europäischen Union. Mit der Einführung dieser weltweit progressivsten Klimaschutzpolitik konnte die EU wiederum neue Dynamik in die internationalen Verhandlungen bringen. Hier zum pdf des Texts von Hermann Ott und Tilman Santarius, der im Yearbook of International Environmental Law erschienen ist.
Konfuses aus dem Kanzleramt
Die Bundesregierung trat 2002 in Brüssel als Bremser auf und wollte die Einführung des EU-Emissionshandels vereiteln. Allerdings ist das Kanzleramt schlecht informiert, und so kann das Bundesumweltministerium einen Coup landen: in Brüssel wird ein deutscher Kompromissvorschlag präsentiert, der absurd ist. So kommt es, dass Deutschland sich mit seiner ablehnenden Haltung ins Abseits manövriert – und am Ende der Emissionshandels weitgehend nach den Vorschlägen der Kommission eingeführt wird. Hier zum pdf des Artikels von Thomas Langrock und Tilman Santarius, der am 9.12.2002 in der Financial Times Deutschland erschien.
Tradeable Taxes als Weiterentwicklung der Ökologischen Steuerreform in Deutschland.
Während der Emissionshandel und Ökosteuern in der ökonomischen Theorie als gleichwertige Instrumente betrachtet werden, hat jedes seine ganz spezifischen Vor- und Nachteile, ja nach politischer Ausgestaltung. Dieses Paper zeigt indessen, dass eine Kombination von handelbaren Zertifikaten, auf die noch eine Steuer erhoben wird, die meisten Vorteile beider Instrumente vereinigen könnte, während die Nachteile kompensiert würden. „Tradeable Taxes“ als Innovation stellen somit eine interessante Variation des Katalogs umweltpolitischer Instrumente dar. Hier zum pdf des Textes eines Artikels, der in der “Zeitschrift für Umweltpolitik und Umweltrecht” erschienen ist.
Emissionshandel in Deutschland – wie denken Unternehmen darüber?
Als sich in den Jahren 2001 und 2002 die Einführung des EU-Emissionshandels auf Hochtouren befand, kannten die meisten Unternehmen in Deutschland noch nicht einmal die Grundzüge des Instruments, wie die Umfrage des Wuppertal Instituts zeigt. Dennoch hatten der BDI und einzelne Unternehmensverbände in Brüssel und Berlin stark gegen das Instrument lobbyiert – offenbar uninformiert von der Tatsache, dass die deutschen Industrie im europäischen Vergleich zu den Gewinnern des EU-Emissionshandel zählen würde. Hier zum kurzen Artikel von Hermann Ott und Tilman Santarius, der in der Zeitschrift Energiewirtschaftliche Tagesfragen erschienen ist; hier zum ausführlichen pdf der Studie als Wuppertal Paper.
Es sind halt zwei heiße Eisen auf einmal – Die Ökologische Steuerreform aus der Sicht von BürgerInnen.
Im Jahr 1999 wurde die Ökologische Steuerreform in Deutschland eingeführt. Ihr waren langjährige Diskussionen vorausgegangen, doch viel spannender ist die Frage: was geschieht mit ihr in der Zukunft? Wie die soziale Akzeptanz gegenüber dem Instrument einzuschätzen ist, zeigen Ergebnisse von Interviews und Fokusgruppen mit TeilnehmerInnen aus der allgemeinem Bevölkerung. Daraus lassen sich Empfehlungen ableiten, wie die Ökosteuer verändert und reformiert werden müsste, um das Instrument wieder politikfähig zu machen. Hier zum Text des Artikels, der in der Zeitschrift “politische ökologie” erschienen ist, hier zum pdf eines deutschen “Policy Briefs” und hier zum ausführlichen Artikel in der Zeitschrift Energy Policy auf englisch.